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Nicht einfach noch ein Netz

Berlin/Velbert, 4. August 2020

Überlegungen zum Aufbau eines eigenen Glasfasernetzes gab es bei den Stadtwerken Velbert schon 2015. Als dann der Hauptgesellschafter, die Stadt Velbert, im Jahr 2017 auch politisch die Weichen in Richtung Breitbandausbau stellte, wurden diese Überlegungen schnell konkret. Während dabei zunächst noch viele Aufgaben an externe Dienstleister ausgelagert wurde, haben sich die Stadtwerke Velbert mit Unterstützung von tktVivax dabei, in kurzer Zeit als Vollanbieter in Sachen Breitband aufgestellt.   

Dieser Artikel ist erschienen in "der gemeinderat" Ausgabe 7-8/2020

Autor: Uwe Pagel, Press'n'Relations GmbH

Mit rund 85.000 Einwohnern gehört die Industriestadt Velbert nicht zu den Schwergewichten, wie etwa die Städte im benachbarten Ruhrgebiet. „Das ist vielleicht ein Grund dafür, dass wir bis 2017 eine Art ‚weißer Fleck‘ beim Breitbandausbau geblieben sind, für den die großen Netzbetreiber, die in der Region durchaus aktiv waren, keinen übermäßigen Ehrgeiz entwickelten. Vor dem Hintergrund sinkender Netzentgelte im Energiemarkt haben wir so die Chance gesehen, über ein eigenes Netz neue Geschäftsmodelle zu erschließen“, erinnert sich Stefan Freitag, Geschäftsführer der Stadtwerke Velbert GmbH, an die Ursprünge des Projektes. Und dieses Projekt hat es durchaus in sich: Mit einem Investitionsvolumen von insgesamt 100 Millionen Euro soll das Glasfasernetz in Velbert bis 2025 flächendeckend verlegt sein und fast 15.000 Gebäude angeschlossen werden. „Für Velbert ist das ein Jahrhundertprojekt, vergleichbar mit dem Aufbau der ersten Energienetze vor 130 Jahren“, so Stefan Freitag.

Einstieg in den Passivbetrieb

Der Einstieg in den Ausbau erfolgte dennoch zunächst mit „gedämpfter Kraft“ und eher stadtwerketypisch: „Für uns war das erst einmal ein Infrastrukturprojekt: Mit Netzen legen kennen wir uns aus, dachten wir damals. Die Fragen des technischen Betriebs und vor allem auch des Vertriebs haben wir dagegen in der ersten Zeit eher vernachlässigt“, so Freitag weiter. Mit Unterstützung externer Berater wurden Partner gesucht, die das Netz betreiben und vermarkten sollten – natürlich nicht unter eigener Flagge, sondern im Namen der Stadtwerke. Eine Strategie, die sich schnell als problematisch herausstellte. „Wir haben sehr bald gemerkt, dass es sehr viele Berater auf dem Breitbandmarkt gibt. Aber nur wenige, die wissen, wie ein Stadtwerk aufgestellt ist und die ein solches Vorhaben entsprechend zielgerichtet und stadtwerkegerecht umsetzen können. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir das Projekt nicht an die Wand gefahren haben, aber wir konnten die Wand schon sehen“, erzählt Stefan Freitag.

Breitbandstrategie auf der Prüfstand

Der erste Schritt war die Identifizierung eines erfolgversprechenden Geschäftsmodells. Dazu wurden von tktVivax Business Cases zu den verschiedenen Optionen aufgestellt und durchgerechnet. Dabei sollte keine Option – vom Passiv- über den Aktivnetzbetreiber bis hin zum eigenen Produktvertrieb – ausgeschlossen werden. Da die Stadtwerke Velbert schnell handlungsfähig werden wollten, stand für diese Aufgabe nur ein schmales Zeitfenster zur Verfügung. Das Ergebnis war dennoch fundiert und vor allem eindeutig: Die besten wirtschaftlichen Perspektiven bot die Aufstellung als Vollanbieter mit eigenen Produkten für Internet, Telefonie und IPTV. Um dieses Ziel umzusetzen, startete tktVivax in Velbert durch. So wurde sehr kurzfristig mit der Implementierung der eigenen Softwarelösung DICLINA begonnen, die speziell auf das Breitbandnetz- und -kundenmanagement ausgerichtet ist. „Abgesehen vom Tiefbau hat ein Breitbandnetz technologisch sehr wenig mit herkömmlichen Strom-, Gas oder Wassernetzen gemeinsam. Das wird von vielen Stadtwerken unterschätzt: Ohne entsprechendes Know-how und vor allem auch darauf ausgerichtete IT-Werkzeuge sind solch ein Netz und seine Kunden nicht zu managen“, erklärt Dirk Fieml. „Auch die Prozesse unterscheiden sich deutlich von denen im Energieumfeld. Erfolgsentscheidend ist es deswegen, die Abläufe im Unternehmen an die neuen Anforderungen anzupassen. Und dies möglichst früh im Projekt“, so Fieml weiter. Dazu kommt der Vertrieb: „Für den wirtschaftlichen Erfolg ist es entscheidend, schon zu Beginn des Ausbaus möglichst viele Verträge anzuschließen und vor allem auch eine hohe Anschlussquote zu erreichen. Dazu werden aber komplett andere Vertriebsqualitäten benötigt als bei der Vermarktung von Strom oder Gas. Die Vertriebsteams müssen auf die Straße gehen und die Zielgruppe direkt und persönlich ansprechen“, beschreibt Dirk Fieml die Herausforderung. Auch hier wurde deswegen zunächst ein eigenes Team von tktVivax vor Ort eingesetzt. 

Interimsmanagement für den Start

Während die Spezialisten von tktVivax tageweise vor Ort in Velbert im Einsatz waren, startete der Rekrutierungsprozess. In der neuen Abteilung sollen künftig viele Funktionen intern abgebildet werden, vom Vertrieb und den aktiven Netzbetrieb bis hin zu Planung, Bau und Instandhaltung. Die Mehrzahl der Stellen wurden intern ausgeschrieben. Die Bereichsleitung, für die man einen ausgewiesenen Fachmann auf dem freien Markt suchte, wurde extern besetzt. „Die Interimslösung macht es möglich, dass wir voll im Betrieb sein können, selbst wenn diese Stellen noch nicht besetzt sind. Auch die Einarbeitung ist garantiert, denn die Zusammenarbeit mit tktVivax soll in jedem Fall bis Ende das Jahres laufen, eventuell auch darüber hinaus“, berichtet Stefan Freitag. 

Auch bei der Identifizierung geeigneter Vorlieferanten und der Vertragsgestaltung unterstützte tktVivax die Stadtwerke Velbert. So wurden neue Verträge mit Vorlieferanten für Internet, Telefonie und Fernsehangebote bereits unter Dach und Fach gebracht, aber auch für ein eigenes Internetportal, über das im Massengeschäft alle Bestellvorgänge automatisiert abgewickelt werden können – integriert mit dem Netz- und Kundenmanagementsystem DICLINA. Bei der Internet-Versorgung gelang es, eine „Flatrate“ abzuschließen. „Dadurch sind wir bei der Produktgestaltung deutlich flexibler und freier, als bei limitierten Verträgen“, erläutert Dirk Fieml. Auf diese Weise war es möglich für .comBERT, die Breitband-Marke der Stadtwerke Velbert, innerhalb weniger Wochen ein einzigartiges Einstiegspaket zu schnüren: Für nur 19,95 Euro im Monat können Privatkunden seit Ende April 2020 das superschnelle Paket mit 1.000 Mbit/s  im Upload und 500 Mbit/s im Download ein ganzes Jahr lang ausprobieren. Erst danach steigt der Preis auf 49,95 Euro im Monat. Falls dem Kunden das zu teuer ist, erhält er eine Downgrade-Garantie auf ein kleineres Volumen bei freier Auswahl. „Erst war ich überrascht über dieses Marketing-Konzept, aber es ist ein voller Erfolg. Seit Einführung entscheiden sich 100 Prozent aller Neukunden für die Option. Und ich bin mir sicher, dass ein erheblicher Teil auf den Geschmack kommen und dabeibleiben wird“, so die Erwartung von Stefan Freitag.

SW Velbert-Artikel in "der gemeinderat"
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